RETRO RENNRAD EINEN KLASSIKER FÜR RAD FREUNDE! Das Fahrrad feierte am 12. Juni 2017 seinen 200. Geburtstag. Eine gute Gelegenheit, einmal einen Blick auf die wieder erstarkte Szene zu werfen. Wo kommt sie her, die neue Vorliebe an alten Rädern?
Der Notlösung in einer Krise Anfang des 19. Jahrhunderts ist die Entstehung eines Fortbewegungsmittels für jedermann zu verdanken. Missernten ließen den Preis für Pferdefutter in die Höhe schnellen. Daraufhin suchte der deutsche Erfinder Karl Freiherr von Drais nach einer Alternative für den Transport und erfand das erste Fahrrad. Im Jahr 1817 stellte er das hölzerne Gefährt vor.
Anfänglich war es nur ein Laufrad ohne Pedale, doch die kamen 1861 dazu. Obwohl sich die Not bei den Ernten und die Futterpreise normalisierten, war der Siegeszug des Rads als Sport- und Spielfahrzeug nicht mehr aufzuhalten.
Das Retro Rennrad der 1970er- und 1980er-Jahre
Das deutsche Nachrichtenmagazin „Spiegel“ bezeichnete in einem Artikel die Erfindung von Karl Freiherr von Drais als „die erfolgreichste Notlösung aller Zeiten“. Inzwischen ist das Fahrrad längst ein Milliardenprodukt geworden und hat sich vom schmucklosen, unbequemen Holzgestell zu einem Hightech-Gerät entwickelt.
In unserer modernen Welt erwecken seit ein paar Jahren immer mehr Leute die alten Räder wieder zu neuem Leben. Vor allem die Retro Rennräder der 1970er- und 1980er-Jahre haben es ihnen angetan.
Früher wurden die Rahmen aus Stahl hergestellt und nicht aus Alu oder Carbon. Die Sportschuhe steckten in Schlaufen und wurden mit Lederriemen festgehalten, anstatt in einem heutigen Klickpedal.
Die Gangschaltung betätigten die Radler nicht am Bremshebel, sondern am Unterrohr. Ein feines Gefühl für die Mechanik war notwendig, anstelle eines „Klick“.
Was beim Vintage Rennrad zu beachten ist
Das Retro Rennrad ist ein begehrtes Liebhaberobjekte. Grazile Stahlrohre, feine Speichen, schmale Reifen und oftmals knallbunte Farben. So stellst du dir ein altes Rennrad vor und genauso liegen sie momentan gerade in Großstädten wie in Berlin, Hamburg Frankfurt, München oder London voll im Trend.
Aber nicht nur dort sind sie vermehrt anzutreffen. Doch woher kommt die Begeisterung? In unserer Gesellschaft übernehmen nostalgische Dinge immer häufiger eine gewisse Rolle als Seltenheitswert.
Vielleicht war das heutige Retro Rennrad der Traum der Jugend, den die Eltern sich nicht leisten konnten. Für viele sind die Retro Bikes Erinnerungen an das erste eigene Rennrad.
Oder es sind Räder von Vorbildern, die darauf als bedeutende Champions berühmte Rennen gewonnen haben. Auch viele junge Leute lieben diese Szene und finden es einfach cool, mit Stahlrädern zu fahren.
Aber wie kommst du an solch ein Vintage Rennrad aus den der 1970er- bis 1990er-Jahren? Alternativ gibt es mittlerweile Spezialgeschäfte oder größere Fahrradhändler, die eigens für die trendige Nachfrage neuwertige Retro Rennräder anbieten. Hier hast du lediglich die Qual der Auswahl unter Berücksichtigung deines Budgets.
Urban Rennräder
Das Retro Fahrrad bietet dir das Beste aus zwei Welten: gebaut um einen Retro-Stahlrahmen und ausgestattet mit hochwertigen, modernen Komponenten gewährleistet das Vintage Bike ein hervorragendes Fahrgefühl und ist definitiv ein Eyecatcher, egal wohin du damit fährst. Die Sitzposition ist auf Geschwindigkeit und Effizienz fokussiert, der Komfort wird jedoch nicht geopfert. Somit wird dieses Vintage Rennrad zu deinem Retter im urbanen Dschungel.
Worauf musst du beim Erwerb von einer Privatperson achten?
Auf Flohmärkten findest du zwar ein gewisses Angebot, aber leider auch viel Mist. Die schicken Retro Rennräder aus Stahl kannst du gelegentlich schon für um die 200 Euro bekommen.
Doch sind das solide Einstiegsmodelle? Klar kommt da schnell die Frage von dir, woran erkenne ich als Nichtfachmann, ob das gewünschte Vintage Rennrad unfallfrei ist.
Die Offerten im Internet auf Auktionsplattformen oder in Kleinanzeigenportalen sind etwas größer und interessanter. Um einen eventuellen Fehlkauf zu vermeiden, solltest du einige der nachfolgenden Dinge beachten.
Für eine lange Haltbarkeit sind die alten Stahlrahmen fast immer gemufft, beziehungsweise teilweise oder ganz verchromt. Außerdem sind Schäden am Stahlrohr in der Regel schon äußerlich sehr gut zu erkennen. Achte bei den feinen Rohren der Silhouette darauf, dass sie gerade sind und das ganze Rad nicht verzogen ist.
Schon eine leichte Krümmung kann auf einen Aufprall hindeuten. Wobei etwa Dellen in der Größe eines Fingernagels nach Expertenmeinung hinnehmbar sind.
Zeigen sich jedoch zusätzlich Risse im Lack an leicht gebogenen Stellen, lass die Finger von diesem Vintage Rennrad! Leichter Rost dagegen ist bei Stahl nicht ungewöhnlich.
Besonders da nicht, wo das Hinterrad an den Ausfall-Enden des Rahmens eingeklemmt ist. Kannst du das Retro Rennrad nicht komplett zerlegen und dir die Details anschauen, stelle es zumindest einmal auf den Kopf.
Hörst du ein Rieseln im Rahmeninneren, ist das ein schlechtes Zeichen. Vielleicht handelt es sich nur um etwas Metallspan, aber es kann auch unsichtbarer Rost sein. Denn hat so ein „Schätzchen“ lange Zeit in einem feuchten Keller verbracht, kann sich Wasser in den Hohlräumen gesammelt haben und die Rohre von innen rosten lassen.
Äußerlich sieht das Retro Rennrad eventuell noch recht passabel aus. Dann musst du gut überlegen, wie du dich entscheiden willst.
Probefahrt
Steht die Gabel in einem befremdlich steilen Winkel zum Unterrohr, ist das oftmals ein typisches Resultat eines Auffahrunfalls. Dann haben sich entweder der Rahmen oder die Gabel, im Zweifelsfall sogar beide verzogen. Solche Schäden kannst du auch fühlen. Streiche einfach einmal das Unterrohr im Bereich der Gabel entlang und achte auf Beulen und Dellen.
Vereinbare mit dem Verkäufer allein schon wegen der richtigen Größe eine Probefahrt. Denn kommst du mit dem Retro Fahrrad Herren warum auch immer nicht richtig zurecht, fährst du nicht verkehrssicher.
Dann gefährdest du deine Sicherheit und die, anderer Verkehrsteilnehmer. Auch ein gut erhaltenes Exemplar solltest du einem Generalcheck unterziehen. Überprüfe ob alle Teile noch fest miteinander verschraubt sind, etwas repariert werden muss oder welche Verschleißteile demnächst zum Austausch anstehen.
Wie sehen Tretlager, Kettenblätter oder Ritzel aus? Ihre Auswechslung bedeutet einen größeren finanziellen Aufwand. Kläre das vorher durch einen Kostenvoranschlag ab.
Preise für ein schickes Retro Rennrad
Die Preisspanne für Vintage Rennräder ist enorm. Du bekommst sie als „Schnäppchen“ schon ab etwa 100 Euro bis 200 Euro. Sehr gute Exemplare kosten mittlere fünfstellige Beträge.
Wenn du bei deinem „Schnäppchen“ noch eventuell zweihundert bis dreihundert Euro investierst, je nach dem was du selber machen kannst, hast du ein passables Retro Rennrad.
Typische Einsteigermodelle stammen häufig aus dem Hause Motobecane, Giant oder Peugeot, die damals den Massenmarkt dominierten. Mit ein bisschen Glück sind diese Exemplare noch in einem exzellenten Zustand.
Bei etwa 1.000 Euro beginnt das Preisgefüge für sehr gute Räder bekannter Marken aus den 1970ern und 1990er-Jahren, die sich seinerzeit Amateursportler kauften. Solch ein solider Einstiegsklassiker ist unter anderem das Modell Champion Mondial von Gazelle.
Es wurde sehr lange Zeit in leicht abgewandelten Variationen mit mehr oder weniger günstigeren und teureren Ausstattungen gebaut. Andere gefragte Marken sind Colnago, Bianchi oder Pinarello.
Auch die meisten Modelle von Koga-Miyata sind verhältnismäßig preiswert zu bekommen. Sie sind von guter Qualität und in Deutschland noch gut vorhanden. Populär auf dem freien Privatmarkt ist auch das Peugeot PX 10, das auch Profisportler seit den 1960ern fuhren.
Ob du dich nun für einen Rennradklassiker aus der Massenware interessierst oder du mehr Geld investierst für eine Rarität, die Wartung kostet dich in der Regel nicht mehr als bei modernen Rädern.
Allerdings solltest du den nostalgischen Stahlklassiker bei Nässe alsbald abtrocknen und ihn auch trocken und warm aufbewahren. Manch ein Retro Fan hängt sein Retro Rennrad auch an die Wohnzimmerwand. Einige sind so schön anzusehen, dass sie den Stil der Einrichtung eher bereichern als beeinträchtigen.
Ein Retro Rennrad fährt härter und direkter
Im Vergleich zu einem Hollandrad oder Stadtfahrrad fährt sich ein Rennrad härter und direkter. So kannst du am Rennlenker gleich mehrere Haltungen und Griffpositionen einnehmen. Zum Schalten musst du mit den Händen die entsprechenden Hebel am Unterrohr bedienen.
Auch an die Hakenpedale mit Riemchen musst du dich gewöhnen. Denn willst du stilecht fahren, benutzt du zeitgenössische Pedale. Die haben für die Fußspitze eine Art Korb, den du mit einem Riemchen zuziehen kannst.
Doch sei dir darüber bewusst, aus denen kommst du nicht so schnell heraus wie aus heutigen Klickpedalen, falls es zu einem Sturz kommt. Allerdings lassen sich alternativ auch alle erdenklich anderen Pedale, etwa auch Plattformpedale, anschrauben. Das ist dann zwar nicht mehr stilecht, aber im Stadtalltag unproblematischer.
Fazit
In Punkto Komfort werden Stahlräder unterschätzt. Sie dämpfen die Fahrbahnunebenheiten ganz anders als Carbon-Räder. Denn richtig gutes Material war auch schon früher ausgereift. Zeiten werden bei Retro-Rennen keine gemessen, sportlich sind die Veranstaltungen aber trotzdem.
Und obwohl es immer Menschen gibt, die auch ohne Pokal als erste im Ziel sein wollen, sind diese Rennen, neben der sportlichen Herausforderung allem eine Ode an das Lebensgefühl.
Wer kein Schrauber ist und auch keine Lust hat, nach Retro Rennrädern zu suchen, kann sie seit einiger Zeit sogar wieder neu kaufen. So verschieden die Räder und ihre Besitzer auch sein mögen, in einem sind sich alle Stahl-Freunde einig: Über Stil lässt sich nicht streiten.